Zehn Prozent sind statistische Abweichung. Auf 210 Kilometer gerechnet gibt dies gemäss Kollege Essig ein Maximum von 231. Am Abend standen jedoch 232 auf dem Tacho. Ein Plausibilisierungsversuch.
‘Guten Morgen liebe Waden, habt ihr auch so gut geschlafen?’ – ‘Schnauze, Arschloch!’. So oder so ähnlich stell ich mir die körperinterne Kommunikation vor, welche kurz nach dem Klingeln des Weckers stattfand. Morgenessen und mit leichter Verspätung ab aufs Rad. Dass der Tag lang werden würde, wusste ich. Wie lang er tatsächlich dauert, zum Glück nicht. Schon kaum richtig warmgefahren war ich in Hockenheim. Da kamen Erinnerungen hoch, als ich mit dem Erbacher Racing Team an den Nitrolympx war. Von weiterm hörte man quietschende Reifen und siehe da: der Hockenheimring!
Schon bald ging es weiter in Richtung Darmstadt. Mit Betonung auf Richtung. Die ‘Mittagsstation-City’ wollte einfach nicht näher kommen. An einer Stelle hatte ich sogar ein Deja-vu. Und nach einer Recherche in meinem Kurzzeitgedächtnis war klar: ich fahre im Kreis. Durch die vielen Baustellen wurde der Verkehr umgeleitet, was zur Folge hatte, dass ich mich nicht mehr auf mein Navi verlassen konnte. Und prompt habe ich mich verfahren. (Kleine Amerkung am Rande falls jemand von der Zürcher Beschilderungs-Administration mitlesen sollte: Macht doch mal einen Auflug nach Deutschland, da gibts sicherlich das eine oder andere ‘Learning’ 🙂 ). Die Sonne brannte runter und ich fühlte mich wie ein Brathähnchen: Oberhitze via Sonne und von unten brennt der Asphalt. Egal, viel trinken und auf den UV-Schutz der Bekleidung vertrauen.
Wieder ‘Back on Track’ hiess es Abschied nehmen. Von einem treuen Wegbegleiter, der während 216’000 Radumdrehungen einen perfekten Job geleistet hat. Doch die Unachtsamkeit des Fahrers in Kombination mit einem undefinierbaren Gegenstand war eine Kombination, die ihn erschüttern liessen. Obwohl er noch sein bestes tat, um das Unheil abzuwenden, machte ihm die Physik einen Strich durch die Rechnung. Ja lieber Veloschlauch, es war schön mit dir. (Übrigens: hat schon mal jemand einen Veloschlauch bei 32 Grad und einer kleinen Handpumpe gewechselt? Ist etwas, was nicht unbedingt empfehlenswert ist.)
Rad geflickt, endlich durch Darmstadt durch und da stand plötzlich im Nirgendwo diese ominöse US-Spionageanlage immitten im Wald. Da das NSA diesen Blog ja mitliest möchte ich auf diesem Weg mal ein dickes ‘Ciao’ an den Obama schicken. Falls er noch was Kohle vom letzten Nahost-Kriegszug übrig hat, wüsste ich ein gutes Spendenprojekt, bei welchem das Geld ein wenig sinnvoller investiert wäre…
Und während ich mir so Gedanken mache, ob jetzt NSA-Nasen beim Project 5000 in Echtzeit mitfiebern, bin ich schon im Zentrum von Frankfurt. Scheisse! Mein Plan wäre gewesen, diese Stadt zu umfahren. Egal, paar Kilometerchen Stop and Go sind ideales Intervalltraining. Nach Frankfurt und den gefühlten 200 passierten Dörfern hatte ich langsam die Schnauze voll. Langsam dürfte mal eine Strecke auftauchen, bei welcher man ein paar Kilometer ungestört einfach gerade aus fahren kann. Mein Wunsch wurde erhört und so ging es die letzten etwa 30 Kilometer schnurgerade aus. Gut so. Langsam neigte sich die Sonne dem Horizont entgegen und es wurde kühler. Endlich. Noch die letzten paar Kilometer runterschrauben und so freute ich mich ungemein, in Giessen in guter Gesellschaft Abend zu essen.
Tag 3: Karlsruhe – Giessen