Dass es bergig werden wird, wusste ich. Dass mich wahrlich die Arktischen Alpen erwarten, ahnte ich, verdrängte es aber erfolgreich – bis heute….
Strassen entlang der Küste verlaufen oft ein wenig wellig, da das Wasser die Erde bearbeitet. So erwartete mich heute morgen eine wunderschöner Strasse entlang des Meeres. Dieses erstrahlte in einem malerischen Blau – doch die Schönheit trügt: Es ist so kalt, dass innerhalb weniger Minuten sämtliche Muskeln bewegungsunfähig wären, was zum sofortigen Ertriken führt. Deshalb verwarf ich den Plan, ans Nordkap zu schwimmen.
Dann ging es bog die Strasse ins Landesinnere ab. Und ging vor allem in eine Richtung: Nach oben. Beim Anstieg merkte ich, dass die Muskeln nach mitlerweile 4000 Kilometer nicht mehr ganz sooo flauschig sind, wie bei der Abfahrt. Beim Anstieg begegnete ich 20 Rentieren, was die paar hundert Höhenmeter ein wenig schöner machten. Oben angekommen erwartete mich eine fantastische Aussicht über die Ausläufer der Barentssee.
Nach einer (vergleichsweise) längeren Abfahrt bei kräftigem Seitenwind kurvte ich der Küste entlang weiter. Wie schon zuvor ging es mal wieder nach oben, dann wieder ans Ufer zurück. Diese kontinuierliche Abwechslung liess mich nicht in einen Fahrrhythmus kommen, was ziemlich kräfteraubend war. Und nach einer kurzen Mittagspause und einigen motivierenden Worte eines faszinierten Einheimischen gings über den zweiten richtigen Pass. Und nach der Abfahrt sah ich etwas am Strassenrand, das ich nicht erwartet habe. Da glotzten mich zwei pechschwarze Knopfaugen mindestens so verwundert an, wie ich sie.
Und dann lernte ich die Vorteile der Norwegischen Küsten kennen: Sie sind übersichtlich! So kam ich in eine riesige Bucht und sah auf der anderen Seite mein Ziel. Es waren zwar noch 60 Kilometer zu fahren, aber ich konnte stets sehen, wie weit ich noch entfernt war. Im Gegensatz zu den patschebenen Flächen Deutschlands oder den Wälder Schwedens ist dies echt hilfreich.
Als ich im Zielort Alta ankam und meine Hoteladresse eingab, waren immer noch 50 Kilometer zu fahren. Onkel Google brachte Gewissheit: Das Hotel ist am Arsch der Welt irgendwo auf einem Hügel. Obwohl ich eigentlich immer darauf geachtet habe, dass es im Zentrum ist, ging mir das wohl durch die Lappen. Nach über 2000 Höhenmetern musste ich einsehen, dass ich die Kraft nicht haben werde, um die Etappe von morgen noch mit 50 Kilometer zu verlängern. Nachdem ein Ersatzhotel gefunden war, gehts ab in die Federn. Morgen steht der Radmarathon Nummer 10 auf dem Programm. Er ist von der Strecke her der zweit-anstrengendste. Derr Oberknaller folgt dann erst noch als allerletzte Etappe 😉
Tag 23: Storslett – Alta