Am zweiten Tag in Schweden habe ich einige Dinge gelernt: Die Schweden sind unglaublich gastfreundlich, die Seen sind sehr gross und das Wetter heimtückisch.
Heute ging es früh los. So früh, dass ich sogar eine zweite Bekleidungsschicht brauchte (für Kenner: ODLO Evolution Light). Bei frischen 16 Grad fuhr ich gegen Norden durch den Wald. Hab ich schonmal erwähnt, dass ich endlos grade Abschnitte durch den Wald liebe? 🙂 Vollständig alleine in der Natur. Das sind Ferien! Und diese Stille. Nur das leise und kontinuierliche Surren der Kette ist zu hören. Und ab und zu ein Auto. Bei einem kleinen Test hab ich herausgefunden, dass man einen normalen PKW auf etwa 1.3 Kilometer hören kommt. Ziemlich eindrücklich.
Nach etwa 50 Kilometern traf ich an einer Tankstelle eine Frau, welche vom Project 5000 absolut begeistert war. Es folgte ein sehr warmherziges Gespräch und ich war von der Offenheit sehr überrascht. Als Zeichen für die gute Reise gabs dann einen kleinen symbolischen Tritt auf den Hintern 🙂 Hochmotiviert ging die Reise weiter nach Jönköping, wo mich ein See erwartete. Und dieser See ist gross, sehr gross. Er hat eine Fläche von fast 1900 km2. Zum Vergleich: der Genfersee hat gerade mal 580 km2. Optisch hat er beziehungsweise die Uferlandchaft was vom Zürichsee in der Pfäffikon-Gegend. So fuhr ich rund einen Viertel am Ufer entlang gegen Norden.
Als der Weg nach Nordosten abzweigte, lag ein Geruch in der Luft, den ich schon fast vergessen hatte: Nasser Asphalt. Scheinbar hat es kurz vorher hier geregnet. Nach dem Passien eines Fischerdörfchens (hat schon mal jemand einen 60t-Gigaliner-LKW durch ein Fischerdörfchen manövrieren sehen, die habens echt drauf die Jungs) fühlte ich die ersten Tropfen auf der Haut. Bald schon merkte ich, dass ich einem grossen Regen hinterher fuhr. Doch irgendwann nach etwa 150 Kilometer war es dann soweit: Stopp und Regenzeug anziehen. Das erste Mal nach 10,5 Tagen. Ich fuhr dem Regen hinterher und sah, wie sich ein paar Kilometer vor mir ein kräftiges Gewitter zusammenbraute. Ich versuchte schön auf Distanz zu bleiben, damit es mir ‘keis butzt’. S fuhr ich konstant etwa 5-6 Kilometer hinter dem Gewitter hinterher. Doch plötzlich schlug das Wetter um. Die Temperatur fiel innerhalb weniger Minuten von 27 auf 14 Grad (!) und der Himmel öffnete seine Schleusen, als möchte er für Viva con Agua Trinkwasser spenden. Ich konnte mich gerade noch unter ein Vordach eines Bauernhauses retten. Doch nach wenigen Minuten war es auch da zu Nass. So blieb mir keine andere Wahl, als mich ein paar hundert Meter durch den fallenden Ozean zu kämpfen, um unter der nächsten Brücke Schutz zu finden. Geschafft. Komplett durchnässt legte ich eine Zwangspause ein und nutzt die Gelegenheit, um die Sachen trocknen zu lassen.
Nach diesem unerwarteten Wettereinbruch fuhr ich dem Gewitter hinterher – leider musste ich genau in die Richtung. Das Gewitter wandelte sich langsam in eine grosse intensive Regenwolke um. So entschloss ich mich, den Angriff zu wagen, und die etwa 10 km grosse Wolke zu durchfahren. Und als ich gerade so mich durchkämpfe, ist er da. Ganz unerwartet und etwas grösser als erwartet: der Elch. Es handelte sich um ein kleines Exemplar, höchstwahrscheinlich um ein Junges. Und er lag keine zwei Meter neben mir im hohen Gras – leider überfahren…
Unter wechselnden Winden und Regenschauern erreichte ich nach 212 km mein Ziel. Ein Bauernhof? Ein Bauernhof! Shit, ich hab mich ‘verbucht’. Ich hab übersehen, dass das Hotel nicht im Zentrum sondern irgendwo auf dem Land liegt. So hatte ich keine Lebensmittel dabei, um mir ein Abendessen zu machen. Die Hotelcheffin musste eh gerade einkaufen und ich konnte deshalb gleich mitfahren. Die Einkaufsfahrt wandelte sie gleich in eine kleine Touri-Rundfahrt um und zeigte mir einen Kanal, der durch das Dorf führt. Inklsive Brücke. Nicht für die Autos, sondern für die Schiffe! Und dann waren noch die 13 (!) Schleusen, die den Kanal zum nächsten See hinunterführen. Da ich davon ausging, dass wir nur kurz einkaufen gehen, habe ich leider keine Fotos dazu. Wieder einmal mehr: extrem gastfreundlich.
So, morgen steht ein gaaanz langer Trip nach Stockholm an – und 20 Bonuskilometer, weil das Hotel ein wenig entfernter liegt.
Tag 11: Värnamo – Linköping