Tag 3 in Frankreich: One Night in Paris

Der heutige Tag war nichts für schwache Nerven: knapp 100 km mehr gefahren als geplant, ein perfekter Moment und Paris auf zwei Rädern in der Rush Hour.

Vor dem Blogpost möchte ich mich kurz bei allen bedanken, die mich in den vergangen Tagen per SMS, Wattsapp oder Facebook unterstützt haben. Es war extrem motivierend von euch zu hören. DANKE! Dieser Post ist für euch:

Zuerst war mal Sommerzeit angesagt. Mein Navi hatte nach dem gestrigen Aussetzer mal einen Ruhetag (mehr oder weniger). Also schrieb ich alle Ortschaften raus, welche ich abradeln wollte und ab gings. Begleitet von wunderbarem Sonnenschein und eisiger Kälte machte ich mich auf den Weg.

Nachdem ich Troyes verlassen hatte, war ziemlich viel Wiese vorzufinden und eine Strasse. Und das mehr oder weniger patscheben. Gefällt mir. Nach einigen Kilometern kam ein Wald und ein kleiner Aufstieg. Als es wieder runter ging, legte ich meine Arme auf den Liegelenker. In langen Kurven durch den Wald nahm ich langsam Fahrt auf. Nach einer langen Linkskurve kam ich mit 44 km/h aus dem Wald. Was ich da erlebte ist wohl der perfekt Moment. Wer mich ein wenig kennt, weiss, dass ich alles andere als emotional bin, aber das war schlichtweg grandios: der Fahrtwind weht über das Gesicht und der Geruch der französischen Campagne liegt in der Luft. Die Sonne knapp über dem Horizont. Endlose und sanfte Hügelketten, die im Morgendunst verschwinden. Ein aufsteigender Vogelschwarm. Und in exakt diesem Moment beginnt über meine Kopfhörer der Refrain von ‘Paradise’ von Muse. Alle Strapazen sind vergessen und die Gedanken voll auf den Moment fixiert. Einen kleinen Augenblick überlegte ich mir anzuhalten, um ein Foto zu machen. Doch ich wollte dies einfach nur geniessen. Diese absolute Perfektion. Etwa 20 km weiter machte ich dann doch noch ein Foto:

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Nach diesem sentimentalen Austreten, wusste ich, dass es noch ein langer Weg nach Paris ist. Als Hobbyastronom *hüstel* schien mir der Sonnenstand ein wenig merkwürdig für meine Route. Also schaute ich auf der Karte nach und musste feststellen, dass es zwei Ortschaften gibt, die identisch heissen und etwa gleich weit weg von Troyes sind. Dumm gelaufen. Egal, der perfekte Moment war es wert und so machte ich mich auf den Weg nach Romilly-sur-Seine, wo ich in einem chinesischen All-You-Can-Eat-Restaurant die durchschnittliche Konsumation ein wenig nach oben hob 🙂

Von da an war die Route eigentlich ziemlich easy. Einfach gerade aus. Leider waren die Strassen so perfekt und meine Motivation so hoch, dass ich in eine richtigen Temporausch verfiel. Nach insgesamt 140 km konnte ich etwa für eine Stunde richtig deftig Gas geben (bei den Statistiken stimmen die Angaben nicht, bzw fehlen, da der Akku des Tempomessers Probleme hatte). Tempis von über 40 km/h waren normal, Durchschnitte von über 35 km/h wurden mehrmals erreicht. Das tat einfach mal gut. Leider verpasste ich durch den Geschwindigkeitsrausch den richtigen Abzweiger. Egal, denn alle Wege führen nach Paris.

Schon bald kam ich in dichter besideltes Gebiet. 200 Kilometer in den Beinen und bis zum Zentrum waren es noch 35 km. 35 Kilometer durch Häuserschluchten. Da wusste ich, dass dies ziemlich anstrengend wird. Um den Weg ins Zentrum zu finden, fragte ich mich durch. Und nochmals. Und nochmals. Und nochmals. Und nochmals. Die Strassen von Paris waren teilweise richtig heftig. Da hatte es Schlaglöcher drin, bei welche ich mich nicht verwundert hätte, wenn ich einen Felgenbruch davongetragen hätte. Ohne Downhill-Vergangenheit (Bunnyhops und Drops und so), wüsste ich nicht, ob ich alles so schadlos überstanden hätte. Und dann Pflastersteine. Ganz viele. Kleine, grosse, hohe, flache. Einfach nur Pflastersteine. Einen Tipp an euch da draussen: vergesst den Europapark! Schnappt euch ein Rennvelo und fährt mal in der Rush Hour durch Paris. Glaubt mir, da braucht man Nerven aus Stahlseilen. Aber es macht verdammt Fun 😉

Und währenddem ich mich durch das normale Rush Hour Chaos mit den Pflastersteinen durchschlage und gleichzeitig noch irgendwie das Zentrum suche, finde ich mich plötzlich auf der Champs-Elysees wieder. Einige Kilometer vor mir der Triumphbogen, über mir die Sonne, unter mir Pflastersteine und links und rechts auf etwa 6 Fahrlinien hunderte Autos. Ein absoluter ‘once in a lifetime’. Nach einem obligaten Turn um den Arc de Triomphe konnte ich den Eiffelturm sehen. Ich lernte auch, dass es in den Kreiseln Ampeln hat – ist noch eindrücklich, wenn plötzlich eine Wand voller Autos auf einem zukommt 🙂 Nach ein paar Minuten Fahrt stand ich dann vor dem Eifeltumrm und ich wusste das erste Mal nicht, was zu tun ist. Die ganze Tour wurde bis ins Detail geplant und organisiert. Szenarios ausgedacht und Vorbereitungen getroffen. Aber den Höhepunkt hatte ich vergessen 🙂 deshalb habe ich das gemacht was jeder Tourist machen würde: einem vertrauenswürdigen Mensch die Kamera in die Hand drücken und posieren. In diesem Moment wurde mir bewusst, dass ich eigentlich müde sein sollte. War ich aber nicht. Ich bedankte mich für die gemachten Fotos und machte mich – ohne Navi, dies hatte den Akku nach 225 km unten – auf die Suche nach dem Hotel. Zum Glück war der Akku unten, denn erst so realisierte ich in vollen Zügen, wie schön es eigentlich ist, an der Seine entlang an historischen Regierungsgebäuden durchzuradeln. Ist empfehlenswert.

Der heutige Tag war jeden einzelnen Meter und alle Strapazen der Tour wert. Und zur Feier des Tages gönne ich mir mal ein Bier. Cheers 🙂

Hier die ganze Tour in Zahlen:
15 Kilogramm Gepäck
29 Stunden und
39 Minuten
715 Kilometer
6’773 Höhenmeter
13’602 Kalorien
110’310 Pedalumdrehungen
211’724 Herzschläge

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