Die Tour de Suisse Challenge ist die Rennserie für Amateursportler der Schweiz schlechthin. Wie die Grossen ging es mit einem kurzen Prolog los.
Die Tour de Suisse Challenge hat sich inzwischen ein wenig etabliert. Jeweils über 400 Teilnehmern können an ausgewählten Tagen vor den Profis auf die Originalstrecke. Komplett abgesperrt mit Motorrad-Marshalls und allem drumherum. Dies verspricht Gänsehaut-Feeling, daher habe ich mich gleich für alle 3 Rennen dieses Jahr angemeldet.
Los geht es mit einem kurzen Prolog. 6 Kilometer und ein paar zerquetschte Höhenmeter stehen auf der Menükarte. Also eigentlich ein besseres Einrollen. Trotzdem hat es zwei Anstiege, an welchen man sich schön die Beine übersäuern kann.
Gutes Einteilen ist daher sehr wichtig. Aus diesem Grund gehe ich zwei Tage vor dem Start die Strecke besichtigen und lege mir eine Strategie im Kopf fest. An der Startlinie spreche ich mit Tom Louage, welcher sich viel Vorgenommen hat. Im Training hat er mit 44 km/h die Streckenbestzeit auf Strava aufgestellt. Fürs Rennen hat er sich einiges mehr vorgenommen. Mit einem Schnitt von über 47 km/h legt er eine beeindruckende Zeit vor. So schnell werde ich wohl nicht unterwegs sein.
Als ich am Start stehe, weiss ich, dass ich gleich von Beginn weg losziehen muss. Auf so einer kurzen Strecke zählt jede Sekunde. 10 Sekunden bis zum Start. Normalerweise klickt man mit beiden Schuhen bereits ins Pedal ein und wird von hinten gehalten. Da ich mich so mal beim King of the Lake in Österreich fast hingelegt habe, traue ich mich dies nicht mehr. Daher starte ich nur mit einem Bein eingeklickt. 3 Sekunden bis zum Start. Ich überprüfe die Position der Pedale, sieht gut aus. 1 Sekunde bis zum Start. Ich starte mein Radcomputer. Und LOS!
Das Worst-Case Szenario tritt ein. Ich kann nicht auf Anhieb einklicken. Der zweite Versuch scheitert ebenfalls. Um das Momentum der Rampe zu halten, trete ich einfach so. Beim dritten Versuch oder erst 11 Sekunden nach dem Start klappt es. Dies hat mich ganz viel Zeit gekostet. Jetzt kann es nur noch besser werden. So ziehe ich los und trete voll in die Pedale. Ein paar Sekunden später bin ich auf “Reisegeschwindigkeit” (über 40 km/h). Ich ziehe mit 45 km/h voll in die Kurve rein. Auf der Seite steht ein Zuschauer, da wird es ganz schön knapp, kurz muss ich die Bremse anfassen. Bei der Aufahrt der Kurve habe ich noch 43 km/h drauf. Das passt. Von nun an geht es leicht nach unten. Ich ziehe an, merke aber rasch, dass meine Startnummer am Rücken wie ein Fallschirm wirkt. Ich versuche mich so klein wie möglich zu machen und schaue auf den Tacho: 60 km/h. Passt, meine Kräfte spare ich und liege ganz auf den Lenker. Bei der Gegensteigung kann ich wie geplant vom Momentum profitieren und mit wenig Energie hochfahren.
Ich erblicke den Fahrer, der 40 Sekunden vor mir gestartet ist. Er kämpft sich den kurzen aber happigen Antieg von etwa 10 Höhenmeter hoch. Als ich unten beim Anstieg bin, trete ich mit allem was ich habe in die Pedale. 1163 Watt. Die Strasse neigt sich mit bis zu 12% nach oben. Ein paar Sekunden Beissen und oben bin ich – den Fahrer vor mir habe ich inzwischen überholt.
Bei der leichten Abfahrt beschleunige ich auf 46 km/h. Die Kurve kann ich wie geplant mit viel Tempo nehmen. Einen kurzen Moment schaue ich nach unten, da mein Nacken spannt. Als ich nach oben schaue, ist eine erneute Kurve da. Die hatte ich nicht auf dem Radar. Ich ziehe voll rum und rausche in Haaresbreite an der Absperrung vorbei. Das ist ja nochmals gutgegangen.
Der technische Teil der Strecke ist nun vorbei. Nun heisst es die Energiereserven verballern. Ich ziehe den Kopf ein und mache mich so klein wie möglich. Auf der Biberseenstrasse donnere ich mit 49 km/h durch den Werbebogen. Noch eine letzte Kurve. Diese konnte man im Training nie wirklich üben, da sie unübersichtlich war. Nun ist es aber abgesperrt und ich heize in Aero-Position mit über 40 km/h voll durch.
Ein kurzer Gegenanstieg läutet die lange Gerade Strecke zum Ziel ein. 2.8 Kilometer Leiden. Langsam brennen meine Beine, mein Nacken schmerzt vom konstanten Runterdrücken des Kopfs. Ich überhole einen weiteren Fahrer. Ich quetsche meine Muskeln komplett aus, muss mich Mental ziemlich anstrengen, da sie schon so am Limit sind.
Flamme Rouge, noch einen Kilometer. Von weitem höre ich den Speaker im Ziel. Auf dem Display stehen 56 km/h. Ich gebe nochmals alles. Wenige Sekunden Später rausche ich durchs Ziel. Ich brauche ein paar Minuten um Luft zu schnappen.
44.1 km/h sind es am Schluss. Ich habe die Trainingsbestzeit von Tom geschlagen! Damit bin ich super happy. Morgen geht es mit dem Morgarten Memorial über 87 Kilometer und etwa 1200 Höhenmeter weiter.
DISZIPLIN | EINZELZEITFAHREN |
DISTANZ | 6 KM RAD |
OFFIZIELLE ZEIT | 00:08:06.3 |
RANG KATEGORIE / VON | 16 / 72 (22/100) |
RANG OVERALL / VON | 29 / 432 (6/100) |
KATEGORIE | Masters 1 M |