Veloplus Blog: 501 Kilometer für eine Achterbahnfahrt

Veloplus-Kunde Simon ist mit dem Velo von Luzern in den Europa-Park, um die neue Achterbahn Voltron zu testen und anschliessend wieder nach Hause gefahren – und das alles an einem Tag!

Reisebericht von Simon

Die Socken tropfen, der Regen klatscht ins Gesicht. Das trifft mich unvorbereitet, denn der Wetterbericht am Vortag hatte eigentlich strahlenden Sonnenschein angekündigt. Deswegen habe ich keine Regenkleider dabei. Und jetzt fahre ich durch ein heftiges Gewitter. Vor mir liegen noch über 200 Kilometer, die ich heute noch schaffen muss. Ich fühle, dass ich an der rechten Ferse eine Blase bekomme. Tja, jetzt heisst es wohl die Zähne zusammenzubeissen.

Inmitten vom Unwetter, das nicht auf dem Plan stand.

Die irrwitzige Idee

Ich liebe grosse Distanzen. So bin ich mit dem Velo schon ans Nordkap gefahren, habe erfolgreich das Transcontinental Race quer durch Europa beendet und gegen die Hitze in der Wüste Ägyptens angekämpft. Als Vater von drei Kleinkindern ist es aber nicht mehr ganz so einfach sich für mehrere Wochen auszuklinken, um fremde Länder zu erkunden. Die Liebe für lange Radtouren ist aber geblieben. Ein langjähriger Traum hatte ich aber noch im Hinterkopf, den ich unbedingt umsetzen wollte: mehr als 400 Kilometer an einem Tag.

Als Fan von Achterbahnen war das Ziel auch ziemlich schnell klar: die neue Achterbahn im Europa-Park. Die wollte ich unbedingt einmal fahren. Und gemäss Planung wären es von Luzern hin und zurück etwa 420 Kilometer. Sprich ich könnte so gleich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen.

Start in der Dunkelheit

Obwohl die Tage im Sommer lang sind, werde ich wohl auch viel in der Dunkelheit unterwegs sein. Meine City-Velolichter taugen dafür nichts. Der Apollo 1200 Scheinwerfer von Veloplus erfüllte die Kriterien, da ich mindestens 5 Stunden Licht brauche – auch für Strassen, welche nicht beleuchtet sind. So ging es um 02:30 Uhr in der Dunkelheit los. Die Strassen waren leer, die Temperatur angenehm warm. Zu meiner Überraschung fuhr die erste Stunde noch jemand mit, der auf LinkedIn von meiner Aktion gehört hat.

Ein fahrender Christbaum.

Ich komme gut voran, mit Ende der Dämmerung fahre ich übers Jura-Gebirge. Rasant mit 80 km/h geht es das Fricktal herunter. Jetzt da es hell ist, nutze ich die Scheinwerfer als Powebank, um mein Navigationsgerät aufzuladen. Echt praktisch diese Funktion. In Basel kann ich meine Apollo 1200 zum Aufladen abgeben.

Und ab ins Ausland

Kurz nach 07:00 überquere ich die Grenze nach Deutschland. zu meinem Glück ist das Hochwasser der letzten Tage ein wenig abgeflacht. So kann ich über die grosse Rheinbrücke rüber nach Frankreich und dort dem Rhein entlang fahren. Es ist ruhig und idyllisch, sehe sogar eine junge Schwanenfamilie gemütlich im Rhein schwimmen. Vor mir fliegt ein wunderschöner gelber Vogel vorbei. Die Google Suche nach „schöner gelber Vogel“ spuckt „Pirol“ aus – und genau so einer wars. Doch lange zum Träumen habe ich nicht, es liegen noch viele Kilometer vor mir.

Dem Rhein entlang nach Norden.

Damit ich die Distanz in 24h schaffe, versuche ich sämtliche Stopps so kurz wie möglich zu halten. So halte ich nur kurz an bei einer Tankstelle, fülle meine Trinkflasche, schnappe mir was zu essen und fahre gleich weiter. Dies führt einerseits dazu, dass der Körper nicht beginnt zu regenerieren. Umgekehrt führt dies auch dazu, dass ich möglichst viel Zeit fahrend auf dem Velo verbringe.

Die nächsten etwa 120 Kilometer sind patscheben. Dass von der Schweiz her Rückenwind mich unterstützt, macht es für mich einiges einfacher. Obwohl dies zurzeit sehr angenehm ist, weiss ich, dass ich später wohl gegen ihn ankämpfen darf. Vorbei geht es über Felder und einsame Strassen, vorbei an Störchen und durch kleine Dörfer. Mit etwa 20 Grad ist die Temperatur perfekt. Irgendwann taucht am Horizont eine grosse Achterbahn auf.

Mit Clicks auf der Achterbahn

Kurz nach 11:00 schliesse ich das Velo in Rust ab. Da Filmen auf Achterbahnen verboten ist, begleitet mich jemand vom Social Media Team vom Europa-Park. Durch einen Hintereingang gehen wir zur Attraktion und schon sitze ich in der ersten Reihe. Es geht rasant los, wir werden direkt in einen Looping rein geschossen. Insgesamt sind wir 7 mal über Kopf, durch enge Kurven und viele Hügel werden wir schön durchgeschüttelt. Als wir zurück in die Station fahren, merke ich, dass mein Kopf mit dem Umschalten vom Hebel von stundenlang „Velogeschwindigkeit“ auf „Achterbahngeschwindigkeit“ ein wenig überfordert ist. Da ich schon mal hier bin, geniesse ich eine Glacé und lasse mich schminken – ich finde, dass auch Erwachsene so coole Sachen wie Kinder machen dürfen. 🙂

Auch Erwachsene sollen Spass an „Kindersachen“ haben.

Als ich das Velo aufschliesse, beginnt es zu regnen. So stand das eigentlich nicht in der Wetterprognose. Zwar nur leicht, aber trotzdem. Dafür weht mir ein heftiger Wind entgegen. So fühlt sich der Rückenwind also von der anderen Seite an. Inzwischen habe ich 210 Kilometer in den Beinen, jetzt kommt der anstrengende Teil. Der Wind und der Regen wird stärker. Ich bin klatschnass. Regen tropft mir ins Gesicht. Dank meiner wasserdichten Oberrohrtasche sowie Satteltasche bleiben Smartphone und co. trotzdem trocken. Da ich das Wetter nicht ändern kann, versuche ich es positiv zu sehen und mich daran zu erfreuen, dass ich noch keinen Platten habe. 

Räge Räge Tröpfli, es rägnet uf mis chöpfli

Das Schminken war wohl nicht die beste Idee…

Der Regen wird stärker und stärker, die Wolken werden dunkler. Der Gegenwind bläst mir stark entgegen. Momentan macht es schon nicht so wahnsinnig viel Spass. Umgekehrt bin ich doch lieber hier im monsunartigen Regen als wenn ich im Büro sitzen und Mails beantworten müsste. Das mit dem Schminken war vielleicht doch nicht so eine wahnsinnig gute Idee, sie verläuft mir und tropft überall hin – auch in den Mund. Nicht so angenehm. Und irgendwann als ich wieder zurück in Basel bin, schüttet es so stark, dass ich nicht mehr weiterfahren kann. Zum Glück kann ich den Stopp gleich mit damit verbinden, dass ich ein Sandwich und meine aufgeladenen Scheinwerfer abholen kann. Ich bin nass. Aber so richtig. Mit jedem Tritt spüre ich wie meine Socken in meinen Rennveloschuhen „pflötscheln“l 

Doch als ich dem Fricktal näher komme, sehe ich plötzlich einen Schatten auf der Strasse. Von mir. Die Sonne ist wieder da! Ein grosses Lachen überzieht mein Gesicht. Inzwischen sind über 300 Kilometer in meinen Beinen. Ich bin erstaunt, wie fit ich mich noch fühle. Die Strasse steigt langsam an, ich fahre gemütlich über das Jura-Gebirge, habe keinen Stress. Ich unterhalte mich mit einer Dame auf dem E-Bike, welche ebenfalls die Strasse hochkraxelt. „Mit dem Velo in den Europa-Park, wer kommt auf solche Ideen?“ lacht sie nur und wünscht mir gute Fahrt als unsere Wege sich trennen.

Die Abfahrt nach Aarau ist kühl, ich bin komplett durchnässt. Hatte nicht damit gerechnet, dass es soviel Regen gibt. Aber jetzt kommt der Schlusspurt, es sind keine grösseren Gebirge mehr vor mir. Die Abendsonne steht zwar tief, trocknet aber meine Kleider und wärmt mich auf. Kurz vor Sursee mache ich nochmals einen Sandwich-Stopp. Es wird für heute der letzte sein. Inzwischen ist es 22 Uhr und alle Läden machen zu. Ich fülle meine Taschen, wechsle auf meine „Nacht-Sonnenbrille“ und fahre in die Dunkelheit los, welche mich inzwischen wieder begleitet.

400? Mach doch 500 Kilometer

Als ich in Luzern ankomme, bin ich einiges früher unterwegs als ich es eigentlich geplant hatte. Und ich fühle mich einiges fitter. Da kommt mir ein spontaner Gedanke auf „schaffst du anstelle von 400 Kilometer auch 500 Kilometer in 24 Stunden zu fahren“. Es gibt nur einen Weg, um das rauszufinden: Let’s do it! Da ich mich zwar fit fühle, aber nicht weiss, wie lange ich wirklich durchhalte, entscheide ich mich dafür, dass ich um den Flugplatz Buochs fahre. Für 100 Kilometer wären das etwa 8 Runden.

Die Strassen sind inzwischen wieder menschenleer, es ist ruhig geworden. Die Sterne sind hinter einer Wolkenschicht versteckt, es ist dunkel. Und monoton. Langsam spüre ich die Müdigkeit. Je weniger externe Reize ich habe, desto mehr habe ich Zeit, um mich auf „meine Probleme“ zu konzentrieren. Ganz so flüssig fährt es sich jetzt schon nicht mehr. Und nach 450 Kilometer schmerzt der Hintern auch ein wenig (obwohl ich dank der Leonardo-Sattelanalyse eigentlich den perfekten Sattel hätte). Ich versuche mich bei Laune zu halten, zähle die Striche auf der Strasse, singe laut Lieder, führe Selbstgespräche. Es ist langweilig, ich fühle mich einsam. Die Dunkelheit und lange gerade Strassen sind inzwischen mental anstrengend. Und irgendwann sitzt mir auch die Zeit im Nacken, damit ich es innerhalb der 24 Stunden schaffe. Ich schaffe es aber, rechtzeitig die 8 Runden zu fahren.

Geschafft! Ich bin wieder zuhause nach 500 Kilometern.

Auf der Heimfahrt von Stansstad nach Luzern begegnet mir ein Uhu. Ich bin begeistert. Nicht nur, dass ich tatsächlich die 500 Kilometer in 24 Stunden geschafft habe, sondern auch, welch wundersame Erlebnisse ich heute erfahren durfte. Müde falle ich ins Bett. Es werden nur wenige Stunden Schlaf sein, denn schon bald klingelt der Wecker und der Arbeitsalltag ruft wieder.

Meine Reise habe ich auch auf Youtube dokumentiert.

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